Sonntag, 10. November 2013

Dreimonatsbericht

Ich lasse eine Freundin in die Wildniss ziehen; kaum Internet, kaum passendes Essen für eine Marina und kaum Zivilisation […] Doch es ist dein Traum, dein Land, und genau das, was du schon immer machen wolltest.”

Kurz vor meiner Abreise habe ich ein Buch von einer Freundin bekommen in das sie das obrige Zitat geschrieben hat. Damals war das Buch noch komplett leer, jetzt ist es schon bald voll. Somit ist klar, wie schwer es mir fällt, all meine Erlebnisse, Eindrücke, Gedanken und Gefühle in einem Bericht niederzuschreiben.
Nach drei Monaten Kenia habe ich das Gefühl, dass ich mich so langsam eingelebt habe, aber es wird auch noch eine ganze Weile dauern bis ich mich hier so richtig “zu Hause” fühlen werde.
Die ersten Wochen waren sehr schwer für mich, und auch heute noch gibt es oft Situationen, in denen ich nicht weis, wie ich mich verhalten soll.
Die erste richtige “Challenge” war und ist meine Gastfamilie. Dort lebe ich mit einer anderen Freiwilligen, unseren Gasteltern und -geschwistern. Von Anfang an wurden wir als Teil der Familie gesehen und durften fleißig im Haushalt anpacken.
Der Gastvater ist hier definitiv das “Oberhaupt” der Familie, und diese hat zu tun, was er sagt. Da ich das absolut nicht gewöhnt war, habe ich anfangs ganz schön dumm geschaut, als er meinte, ich solle ihm doch mal einen Tee machen. Am ersten Abend habe ich auch sofort schon mal einen neuen Namen bekommen. Mein Gastvater nennt mich jetzt immer “Kanini”, was soviel bedeutet wie “die Kleine”. Meine Familie überrascht mich immer wieder, und ich bin froh, nicht alleine hier zu sein. Aber man gewöhnt sich an alles.
Dazu gehört auch das Kochen über dem Feuer, das Waschen von Hand, das Duschen ohne Dusche, das ungewohnte Essen das mir immernoch Probleme bereitet, die Wasserknappheit in der Schule, das abendliche Zimmerdurchsuchen in der Hoffnung, dass man keine Skorpione oder Spinnen findet, oder einfach nur das Schlafen unter dem Mosquitonetz.

In meinem Projekt, der “Kangalu Secondary School” fühle ich mich sehr wohl und das Unterrichten macht mir viel Spaß. Anfangs hatte ich viele Zweifel, da die Schüler ja so alt sind wie ich oder sogar älter. Und die erste Unterrichtsstunde werde ich auch so schnell nicht vergessen.
Alleine vor einer Klasse, mit ca. 40 gleichaltrigen Schülern die einen erwartungsvoll anschauen und darauf warten, bis man irgendetwas sagt.
Das war echt ein Sprung ins kalte Wasser! Aber auch das habe ich gemeistert; ich kenne nun die meisten Namen, weis, welche Schüler gerne mal für Unruhe sorgen und auf welche man sich verlassen kann. Kleine Problemchen tauchen immer auf, und wenn ich mal etwas nicht weis, dann kann ich immer die anderen Lehrer fragen. Die Atmosphäre im Lehrerzimmer ist sehr angenehm und die Lehrer generell sind sehr lässig.
Zu meinen Aufgaben in der Schule gehört neben dem Unterrichten ebenfalls das Stellen von Examen, das Korrigieren von Hausaufgaben, und bald auch das Leiten einer Computer-AG. Ich habe mich jetzt echt an das Unterrichten gewöhnt, trotzdem ist jede Stunde anders. Doch genau das macht mein Projekt sehr abwechslungsreich und ich bin sehr froh, hier zu sein.

Ich habe es hier sehr ländlich getroffen, aber das ist genau das, was ich schon immer machen wollte, auch wenn es manchmal ganz schön hart ist. In der Kleinstadt, die etwa 20 Minuten von meinem Wohnort Wayani entfernt liegt, werde ich nach wie vor angestarrt, und höre immerzu die Worte “Mzungu Mzungu, how are you?”. Anfangs war das echt nervig, aber auch daran habe ich mich gewöhnt.
Am Wochenende stehen die typischen Haushaltsarbeiten an, die uns auch immer eine ganze Weile beschäftigen. Wenn möglich, drücken wir uns vor diesen indem wir das Wochenende einfach in Nairobi verbringen. Das Leben in Nairobi ist der totale Kontrast zu dem in Kitui. Endlich kann man dann wieder Hosen und Tops tragen, kann abends weggehen, Freiwillige besuchen, auf dem Masai Markt einkaufen und sich mal ein bisschen europäisches Essen gönnen!

Aber ich bin trotzdem immer wieder froh, dass ich in Kitui lebe und nicht dauerhaft in Nairobi, weil es mir dort auf Dauer einfach zu gefährlich und hektisch wäre. Die Menschen in meinem Dorf sind die Ruhe selbst und der Satz “There is no hurry in Africa” passt auch ganz gut hierher.
Trotz mancher Schwierigkeiten bin ich sehr glücklich hier zu sein und ich freue mich riesig auf die kommende Zeit! 

Marina Heinemann.

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